NEWSLETTER #4 - 07/2024

Die letzen Monate waren für unseren Verein sehr aufwühlend - nicht minder für die Welt, die uns umgibt. Wir sind sehr dankbar, dass wir in unseren laufenden Projekten - u.a. Worte mit Flügeln, Arbeit im Altersheim, Internationales Erzählkarussell - Räume des Miteinander und des (internationalen) Austauschs schaffen konnten. Die vielfältigen Aktivitäten wollen wir fortsetzen, z.B. durch unseren Online Workshop im Herbst Storytelling und Friedensbildung, den wir sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch anbieten werden. 

Hier findet ihr ein paar Einblicke in unsere Arbeit. 

Viel Freude beim Lesen. 

---

The last few months have been very turbulent for our organisation - and no less so for the world around us. We are very grateful that we have been able to create spaces for togetherness and (international) exchange in our ongoing projects - including Words with Wings, Work in an Old People's Home and International Storytelling Carousel. We want to continue these diverse activities, e.g. with our online workshop in autumn on storytelling and peacebuilding, which we will be offering in both German and English. 

Here you can find a few insights into our work. 

Enjoy reading. 

Inhaltsverzeichnis

  • Arbeiten mit Demenzkranken
  • Lokal Host - Vaha - Transnational Network Meeting
  • My So-Called Enemy - Film Screening & Talk
  • FEST 2024
    • Gauri Raji (UK/India): Cooking Tales
  • Online Workshop: Erzählen und Friedensbildung (Dt./Engl.)
  • Marktplatz der Möglichkeiten - Landesbibliothek Berlin
  • Nach_Gedacht: Margarete Wenzel (Österreich)

---

Table of contents

  • Working with People with Dementia
  • Local Host - Vaha - Transnational Network Meeting
  • My So-Called Enemy - Film Screening & Talk
  • FEST 2024                                                                              
  • Gauri Raji (UK/India): Cooking Tales
  • Online Workshop: Storytelling and Peacebuilding (in English)
  • Marketplace of Opportunities - Berlin State Library
  • Thought_About: Margarete Wenzel (Austria)
Erzählen im Altersheim - Österreich

Unser Mitglied Frau Wolle (Karin Tscholl) aus Österreich ist sehr gut beschäftigt als Erzählerin und schafft es dennoch, zehnmal  im Jahr ehrenamtlich im Altersheim gegen eine Spende zu erzählen. Viele der Zuhörenden sind von Demenz betroffen. Vielen Dank für deine kontinuierliche Arbeit und die Sternstunden, die du dort schaffst.

---

Our member Mrs Wolle (Karin Tscholl) from Austria is very busy as a storyteller and still manages to volunteer ten times a year to tell stories in old people's homes in return for a donation. Many of the listeners are affected by dementia. Thank you very much for your continuous work and the magic moments you create there.

Tellers without Border as Lokal Host
VAHA - Transnational Network Meeting

Tellers without Borders hatte sich für die VAHA Konferenz in Berlin beworben. "VAHA (was auf Türkisch "Oase" bedeutet) ist ein Programm, das für unabhängige Kunst- und Kulturräume geschaffen wurde und sich für öffentliche Diskussionen und den Dialog in Städten in der Türkei, Europa und ihren Nachbarländern einsetzt."

Aus ganz Europa hatten sich 40 Organisationen um die Teilnahme beworben. Wir sind immerhin in die letzte Runde und dann auf die Nachrückerliste gekommen. Letztendlich wurden wir Teil der Konferenz, da zum Lokal Host ernannt wurden. Vier Teilnehmer:innen der Konferenz wurden ausgelost, die wir zum Essen eingeladen haben.

Suse Weisse und ich (und meine Töchter) haben vier Frauen aus der Türkei und aus Griechenland in meiner Küche mit gutem Essen bewirtet. Es waren dabei:

Bengi Aslan, www.zusaculture.org;                                                              

Efi Latsoudie www.lesvossolidarityshop.org;                                    

Alexandra Tzan; digital Accessibility www.linkedin.com/in/alexandratzanidou/;                        

Beril Sönmez von Anadolu Kültür www.anadolukultur.org;                        

Suse Weisse & Britta Wilmsmeier von EoG

Es war ein herrlicher Abend voll guter, berührender und ehrlicher Gespräche über unsere Arbeit, über die Lage in unseren Ländern und über den Umgang mit Problemen in der Corona Zeit. Vielen Dank!

---

 

Tellers without Borders as Lokal Host

VAHA -Transnational Network Meeting

Tellers without Borders had applied for the VAHA conference in Berlin. "VAHA (which means "oasis" in Turkish) is a programme created with and for the voices of independent art and cultural spaces, promoting public discussion and dialogue in cities in Turkey, Europe and neighbouring countries."

40 organisations from all over Europe applied to take part. We made it to the final round and then to the list of successors. In the end, we became part of the conference as we were appointed local host. Four conference participants were drawn by lot and we invited them to dinner.

Suse Weisse and I catered for four women from Turkey and Greece in my kitchen. They were:

Bengi Aslan, www.zusaculture.org;                                                               

Efi Latsoudie www.lesvossolidarityshop.org;                                     

Alexandra Tzan; digital Accessibility www.linkedin.com/in/alexandratzanidou/;                        

Beril Sönmez von Anadolu Kültür www.anadolukultur.org;                        

Suse Weisse & Britta Wilmsmeier von EoG

It was a wonderful evening full of good, touching and honest conversations about our work, about the situation in our countries and about dealing with problems in the Corona period. Thank you very much!

 

 

 

My So-Called Enemy
Film Screening and Talk with Director Lisa Gossels (USA)

Warum eine Filmvorführung? Wir widmen uns doch dem gesprochen Wort!

Die amerikanische Filmemacherin Lisa Gossels hat diesen sehr bemerkenswerten Dokumentarfilm: My So-Called Enemy über 7 Jahre gedreht. Er handelt von Israelischen und Palästinensischen Jugendlichen, die sich ihrem Schmerz stellen. Zunächst in einem Peace Camp in den USA und dann Zuhause in ihrem Land. Sie stellen fest, dass ihre Wut, wenn sie einander begegnen, den Nährboden verliert. Dieser grundehrliche und herzberührende Film konnte nur gelingen durch die lange Zusammenarbeit und das Vertrauen der Regisseurin zu den Protagonist:innen.

Erzähler:innen ohne Grenzen e.V. hat sich in diesem Fall dem Genre des filmischen Erzählens geöffnet, da dieser Film sich "humanistischen und Frieden fördernden Motiven" widmet. Diesen Anspruch haben wir in unserer Satzung verankert, und er ist Teil unserer Arbeit. Diese Motive werden gerade dringend gebraucht und müssen sichtbar gemacht werden. Deswegen haben wir diesen Film gezeigt. 

Wir haben den Film 90 Jugendlichen am Heinrich-Schliemann-Gymnasium 9./10./11.Klassen in Berlin gezeigt in Zusammenarbeit mit dem Lehrer S. Poremski und dem Direktor der Schule. Kurz vor der Filmvorführung, Anfang Juni, ist uns ein wenig 'Arsch auf Grundeis' gegangen. Aber ich wollte nicht, dass wir uns von Angst beherrschen lassen.

Es hat sich gelohnt!

Im Austausch mit den Jugendlichen konnte die Regisseurin Lisa Gossels ein Gespräch auf Augenhöhe mit ihnen führen. Die Jugendlichen waren sehr dankbar, eine Alternative zu den polarisierenden Medien zu erleben, und wir alle sind hoffnungsfroh aus diesem Gespräch gegangen, nachdem wir sachlich und engagiert mit diesen aufmerksamen und patenten Jugendlichen gesprochen hatten.

Am darauf folgenden Sonntag, dem 9. Juni 2024, haben wir den Film dann noch einmal öffentlich in der Märchenhütte gezeigt. Es kamen u.a. eine palästinensisch-israelische Gruppe und die  Freundin einer der Protagonistinnen des Films. Einige Interessierte hatten abgesagt, da es ihnen zu nah ging, oder da sie auf einer Pro-Palästinensischen Demonstration verhaftet wurden. Es war ein bewegender Abend. Ein Journalist, der für die BBC arbeitet, sagt mir nach dem Film, dass er am Anfang des Films schon dachte, dass er derjenige sein wird, der den Film danach zynisch bewertet. Aber dann kam es anders, da er währende des Films weinen musste. Er hat sich sehr bedankt. 

Ich (Britta Wilmsmeier) habe Lisa Gossels kennengelernt, weil sie die Tochter eines Holocaust Überlebenden ist, der als Kind in meinem Haus gewohnt hatte.

Nun fand die Filmvorführung in der Märchenhütte in Berlin statt, die auf einem Bunker aus dem 2. Weltkrieg steht - mit einer jüdischen Regisseurin, Tochter eines Holocaust Überlebenden, organisiert von einer Frau, deren Großvater Melder im 2. Weltkrieg war. Die Besucher:innen waren palästinensische und israelische Menschen, also Juden, Christen und Muslime. Dieser Ort wurde durch die Kunst transformiert zu einem Ort des Zusammensein. Für diese paar Stunden trafen wir uns alle einfach nur als Mensch. 

Danke an alle Helferinnen: Soogi Kang, Kathleen Rappolt, Suse Weisse, Kristin Wardetzky. 

Danke an das palästinensch-israelische Restaurant  Kanaan, die das Essen gespendet haben! 

P.S. Ich habe gerade in der Zeitung 'Jüdische Allgemeine' gelesen, dass das Restaurant Kanaan verwüstet wurde. Da nichts gestohlen wurde, geht man von politischen Motiven aus. Die Betreiber (ein Jude, ein Palästinenser) haben beschlossen, ihre Aktivitäten im Restaurant zu verdoppeln und "weiterhin einen Raum zu schaffen, in dem alle willkommen sind und gefeierte werden."

---

My So-Called Enemy

Film Screening and Talk with Director Lisa Gossels (USA)

Why a film screening? We are dedicated to the spoken word!

The American filmmaker Lisa Gossels made this remarkable documentary film: My So-Called Enemy over 7 years. It is about young Israelis and Palestinians confronting their pain. First in a peace camp in the USA and then at home in their own country. They realise that when they meet each other, their anger loses its breeding ground. This honest and heart-touching film was only possible thanks to the director's long collaboration and trust in the protagonists.

In this case, Erzähler:innen ohne Grenzen e.V. has opened itself up to the genre of cinematic storytelling, as this film is dedicated to ‘humanistic and peace-promoting motifs’. We have anchored this claim in our statutes and it is part of our work. These motifs are urgently needed right now and must be made visible. That is why we have shown this film. 

We showed the film to 90 young people at the Heinrich-Schliemann-Gymnasium 9th/10th/11th grades in Berlin in cooperation with the teacher S. Poremski and the headmaster of the school. Shortly before the film screening, at the beginning of June, we were a little bit ‘uptight’. But I didn't want us to be ruled by fear.

It was worth it!

In dialogue with the young people, director Lisa Gossels was able to have a conversation with them as equals. The young people were very grateful to experience an alternative to the polarising media and we all came away from this conversation full of hope, having spoken objectively and with commitment to these attentive and patient young people.

On the following Sunday, 9 June 2024, we showed the film again publicly in the Märchenhütte. Among others, a Palestinian-Israeli group and the girlfriend of one of the film's protagonists attended. Some interested people had cancelled because it was too close to them or because they had been arrested at a pro-Palestinian demonstration. It was a moving evening. A journalist who works for the BBC told me after the film that he thought at the beginning of the film that he would be the one to give it a cynical review afterwards. But then it turned out differently, because he had to cry during the film. He thanked me very much. 

I (Britta Wilmsmeier) got to know Lisa Gossels because she is the daughter of a Holocaust survivor who lived in my house as a child.

Now the film screening took place in the Märchenhütte in Berlin, which stands on a bunker from the Second World War - with a Jewish director, daughter of a Holocaust survivor, organised by a woman whose grandfather was a soldier in the Second World War. The visitors were Palestinian and Israeli people, Jews, Christians and Muslims. This place was transformed through art into a place of togetherness. For these few hours, we all simply met as human beings. 

Thanks to all the helpers: Soogi Kang, Kathleen Rappolt, Suse Weisse, Kristin Wardetzky. 

Thanks to the Palestinian-Israeli restaurant Kanaan, who donated the food! 

P.S. I just read in the newspaper ‘Jüdische Allgemeine’ that the restaurant Kanaan was vandalised. Since nothing was stolen, political motives are assumed. The owners (one Jewish, one Palestinian) have decided to double their activities in the restaurant and ‘continue to create a space where all are welcome and celebrated.’

FEST 2024 - Glasgow

Die diesjährige FEST Konferenz in Glasgow war besser besucht als jemals zuvor - mit 128 Teilnehmer:innen, weit über Europa hinaus.

Diesmal war die Konferenz angeschlossen an das Village Storytelling Festival, das u.a. sehr wichtige und niedrigschwellige Community Work mit Storytelling anbietet. Der Auftakt war eine Ausstellung The Stories We Are, welche hervorgegangen war aus einem dieser Projekte namens Our Stories Our Voices. 

Das Programm und die Workshops waren sehr anregend und inspirierend. Viele Begegnungen und der Austausch mit Kolleg:innen waren möglich - natürlich auch mit unserem eigenen Netzwerk von Erzähler ohne Grenzen: Mia Verbeelen (NL); Kathleen Rappolt (DT), Jesper la Cour (DK), Gauri Raje (UK/India), Britta Wilmsmeier (DT).

---

This year's FEST conference in Glasgow was better attended than ever before - with 128 participants, far beyond Europe.

This time the conference was linked to the Village Storytelling Festival, which amongst other things offers very important and low-threshold community work with storytelling. The kick-off was an exhibition The Stories We Are, which emerged from one of these projects called Our Stories Our Voices

The programme and the workshops were very stimulating and inspiring. Many encounters and exchanges with colleagues were possible - of course also with our own network of storytellers without borders: Mia Verbeelen (NL); Kathleen Rappolt (DT), Jesper la Cour (DK), Gauri Raje (UK/India), Britta Wilmsmeier (DT).

 

Gauri Raji - Cooking Tales

Genauer vorstellen möchte wir hier das Projekt Cooking Tales von Gauri Raje, die schon lange zu Tellers without Borders gehört. Während des Festivals hat sie ein offenes Format in einem kleinen Raum angeboten, der aus allen Nähten platze: Man konnte Gauri beim Erzählen zuhören, mit Frauen sprechen, mit indischen Wurzeln, die das Projekt mit gestaltet haben. Und es gab indische Speisen! Es kamen viel mehr Besucher als gedacht - es war wundervoll!

---

We would like to introduce the Cooking Tales project by Gauri Raje, who has been part of Tellers without Borders for a long time, in more detail. During the festival, she offered an open format in a small room that was bursting at the seams: you could listen to Gauri tell her stories, talk to women with Indian roots who helped shape the project. And there was Indian food! There were many more visitors than expected - it was wonderful!

Cooking Tales was a project started in July 2022 by Gauri Raje, a storyteller based in Argyll, Scotland, as a way of documenting innovations to cooking that South Asian migrant women had to create when there were few South Asian ingredients available in Glasgow in the 1950s. For this project, she approached and collaborated with the Scottish Asian Ekta group - a group of elderly South Asian women who are widows who meet weekly in Glasgow.

The aim of the project was to honour and give voice to the creativity of South Asian women, who did not have accessibility to make a mark in the public field in Scottish civic life. Their stories are rarely heard since they are regarded as ‘housewives’. In trying to understand how they adapted to and incorporated Scottish ingredients and cooking practices in Scotland, Cooking Tales project was trying to give voice to the South Asian women migrants’ story and the history of their life in Scotland.

Journey of the Project:

The journey of Cooking Tales began in 2018, when Gauri was working on another community project. She had been trying to document the lives of ordinary South Asian

Khullar, chairperson of the group and a committee which comprises of a vice-chairperson, a treasurer and 5 other members who assist with the running of the group.

This is her records of her experience:

I found that most of the migrants who wanted to talk about their journey were either men or those migrants who had made something of their life through their work outside their homes or public contributions that had been recognised through awards in Scotland. When I tried to talk to women who were not fluent in English, or had worked in the kitchens in their homes all their lives, there was a silence. Most such women said they had done nothing much and had no story to tell.

One of the women suggested to me that the questions I was asking were all wrong. “Why don’t you talk to them in their own language?”, she said. At first, I did not understand what she meant. I had upto that point conducted the interviews in Hindi, Urdu, Punjabi, Gujarati, and not English.

Over time, when I spent more time with the women, I began to observe and realise that “language” did not mean English, Hindi, Urdu or Punjabi. For many of these women, the language they knew best was the language of food, of songs, of the experience of life within the home & kitchen - the language of women.

This is how I began to create the Cooking Tales project.’

Online Workshop: Geschichtenerzählen und Friedensbildung
Online Workshop: Storytelling and Peace Building in English
Marktplatz der Möglichkeiten

Wir haben uns sehr gefreut, dass EoG eingeladen wurde, am VÖBB-Forum zum Thema „Nutzung, Kooperation und Partizipation" teilzunehmen. Neben Stiftungen wie der Heinrich-Böll Stiftung und anderen verlässlichen Kooperationspartnern waren wir Teil des Marktplatzes, an dem wir unsere Projekte und unsere Arbeit den circa 60 Mitarbeiter:innen der Berliner Bibliotheken vorstellen konnten. Suse Weisse und Britta Wilmsmeier haben sich an dem Nachmittag den Mund "fusselig" geredet. Die Resonanz der Zuhörenden war beeindruckend und sehr ermutigend. 

---

Marketplace of Opportunities

We were delighted that EoG was invited to take part in the VÖBB forum on the topic of ‘Utilisation, cooperation and participation’. Alongside foundations such as the Heinrich Böll Foundation and other reliable cooperation partners, we were part of the marketplace where we were able to present our projects and our work to around 60 employees from Berlin's libraries. Suse Weisse and Britta Wilmsmeier talked their heads off that afternoon. The response from the audience was impressive and very encouraging. 

NACH_GEDACHT
von Margarete Wenzel (Österreich)

Mit Erzählen einmal rundherum - verbündet mit dem Zu-fall

Manche Menschen bekommen auf ihrem persönlichen Weg durchs Leben in einem Augenblick Gelegenheit, alles, über das sie verfügen, in Händen zu halten und zu formen. Ich bin eine davon. Vieles, was in meinem Leben jahrzehntelang konstant gewesen war, endete auf einmal. Und so bekomme ich die Möglichkeit, sehr viel, das mich betrifft, von Grund auf „neu zu erfinden“. Eine Grenzerfahrung. Zuerst erfülle ich mir einen lang gehegten Wunsch: Weltreise.

Was konstant ist und mein leichtestes Reisegepäck, das sind die Geschichten, das Zuhören und das Erzählen. Auf der Insel La Gomera: Klausur in einer hölzernen Hütte mit Blick aufs Meer und Fertigschreiben des seit zehn Jahren vorbereiteten Buches mit Geschichten, die vom Erzählen erzählen… und eine kurze Begegnung mit David, der sofort versteht, was das bedeuten soll. „How come!“, frage ich verwundert. „Wieso verstehst Du, was ich damit meine? Das tun sonst nur die Storytelling-Fachleute.“ „I am Irish“ antwortet er. „We all are storytellers.“

Auf Kauai eröffnet die Airbnb-Gastgeberin Lori, die erwachsene sechs Kinder und eine Menge Enkel hat, mir die Möglichkeit, in eine zweite Klasse „Elementary School“ zu gehen. Ich erzähle ein österreichisches und ein hawaiianisches Märchen aus meinem Repertoire und freue mich mit Lori, dass es sich rund und stimmig anfühlt. Sie staunt, was Erzählen sein kann. 

Eines Tages beginne ich, narrative Videos über meine Eindrücke zu machen und stelle sie auf Youtube. Nach einigen Monaten und circa dreizehn solchen Video-Erzählungen schreibt eine Abonnentin, diese Geschichten seien ihr freudig erwartetes Samstags-Ritual geworden. Sie befindet sich daheim, in Österreich, während ich, die ich ausgewählte Erlebnisse erzähle, „am anderen Ende der Erde“ weile, wo die Sonne im Norden ihren Weg geht und es Tag ist, wenn dort Nacht ist.

Mit wenigen festen Plänen bin ich los gereist, um ein Jahr und einen Tag lang in das Gefühl, eine Weltreisende zu sein, einzutauchen, zumal das ganze Leben eine Welt-Reise ist.

Zehn Tage lang bin ich bei Whangarei bei Freunden einer Wiener Freundin zu Gast und genieße, nicht in meinem Zelt und nicht kommerziell, sondern „echt zu Gast“ zu sein. Ich darf ihnen jeden Abend eine lange Gute-Nacht-Geschichte erzählen und bin froh, ein gutes Gastgeschenk dabei zu haben. 

Auf Sri Lanka bin ich zwei Wochen lang der einzige Gast in einem nachhaltigen, am Meer schlummernden Hotel. Täglich frage ich nach den Geschichten dieser Region und die Managerinnen, die sich bemühen, mir alle Wünsche zu erfüllen, fragen wieder und wieder was ich denn meine. Sie servieren mir alles an Erzählungen, das ihnen einfällt: zuerst die authentische Geschichte, wie das Hotel entstand, vom Gründer persönlich erzählt. Er gestaltet sie nach hiesiger Tradition mit einigen zauberhaften Momenten und kleinen Wundern. 

Es tauchen Geschichten von Tieren auf, die in den Büschen leben und von der Dichterin Gajaman Nona, die in dieser Gegend im 18. Jahrhundert ihre Familie ernährte, indem sie auf Zuruf zu beliebigen Themen gereimte Gedichte improvisierte. Und es wird von Andare erzählt, dem weisen Narren, der genau in dieser Gegend, wie anderswo Nasreddin Hodscha, ein beliebter Geschichtenheld ist. 

Ich höre von fern, wie die Locals auf singhalesisch ihren eigenen Geschichtenschatz ausgraben, den sie noch erzählen können, was sie aber üblicherweise nicht mehr machen. Nun tun sie es doch, weil die „Ma’am“ aus Wien immer wieder fragt. Sie haben Freude daran. Und ich bekomme von Chatini, einer Managerin, die dabei das mündliche Erzählen entdeckt, aufblüht und begeistert ist, zum Abschied auf Englisch die Frucht langen Fragens serviert, wie sonst die frischen Mangos, Papayas, Bananen und Ananas: fünfzehn Geschichten von Andare, dem weisen Narren, die Chatini geerntet hat, für mich und für sich. 

Noch ist mein Weg um die Erde nicht ganz abgerundet. Noch sind einige der 366 Reisetage verfügbar. Was für Geschichten und Erzählsituationen werde ich finden?

Und wodurch ist die bisherige reiche Ernte möglich geworden? Es galt dafür, auf Zu-fälle zuzugreifen. Offen zu sein für alle Erscheinungsformen und Anwendungen des Erzählens, Kairos wahrzunehmen und Sternstunden kommen zu lassen… www.margaretewenzel.net  

----

On their personal journey through life, some people are given the opportunity to hold and mould everything they have in their hands in an instant. I am one of them. A lot of things that had been constant in my life for decades suddenly came to an end. And so I have the opportunity to "reinvent" a lot of things that affect me from scratch. A borderline experience. Firstly, I fulfil a long-cherished wish: to travel the world.

What is constant and my lightest luggage are the stories, the listening and the telling. On the island of La Gomera: a retreat in a wooden hut overlooking the sea and finishing the book I've been preparing for ten years with stories that tell of storytelling... and a brief encounter with David, who immediately understands what this means. "How come!" I ask in amazement. "Why do you understand what I mean by that? Only storytelling experts usually do that." "I am Irish," he replies. "We are all storytellers."

On Kauai, Airbnb host Lori, who has six grown-up children and lots of grandchildren, offers me the opportunity to go to a second grade elementary school. I tell an Austrian and a Hawaiian fairy tale from my repertoire and am delighted with Lori that it feels well-rounded and coherent. She is amazed at what storytelling can be. 

One day, I start making narrative videos about my impressions and post them on YouTube. After a few months and around thirteen such video narratives, a subscriber writes that these stories have become her eagerly awaited Saturday ritual. She is at home, in Austria, while I, who tell selected experiences, am "at the other end of the world", where the sun goes its way in the north and it is day when it is night there.

With few fixed plans, I set off to immerse myself for a year and a day in the feeling of being a world traveller, especially as all of life is a world journey.

For ten days, I am staying with friends of a Viennese friend in Whangarei and enjoy not being in my tent and not being a commercial guest, but a "real guest". I get to tell them a long bedtime story every night and am happy to have a good present with me. 

For a fortnight, I am the only guest in a sustainable hotel by the sea in Sri Lanka. Every day I ask about the stories of this region and the managers, who endeavour to fulfil my every wish, ask again and again what I mean. They serve me all the stories they can think of: firstly, the authentic story of how the hotel came to be, told by the founder himself. He tells it according to local tradition with a few magical moments and little miracles. 

There are stories of animals that live in the bushes and of the poetess Gajaman Nona, who fed her family in this area in the 18th century by improvising rhyming poems on any subject she was called upon. Andare, the wise fool, who is a favourite story hero in this region, just like Nasreddin Hodja elsewhere, is also mentioned. 

I hear from afar how the locals are digging up their own treasure trove of stories in Sinhala, which they can still tell, but which they usually no longer do. But now they do, because the "ma'am" from Vienna keeps asking. They enjoy it. And Chatini, a manager who discovers oral storytelling, blossoms and is enthusiastic, serves me the fruit of long questions in English as a farewell gift, just like the fresh mangoes, papayas, bananas and pineapples: fifteen stories of Andare, the wise fool, which Chatini has harvested for me and for herself. 

My journey around the world is not yet complete. Some of the 366 days of travelling are still available. What stories and narrative situations will I find?

And what has made the rich harvest possible so far? The aim was to access coincidences. To be open to all manifestations and applications of storytelling, to recognise kairos and let great moments come... www.margaretewenzel.net  

 

Tschüss und auf Wiedersehen!

Good bye and see you soon!

www.erzaehler-ohne-grenzen.de

www.tellers-without-borders.net

 

Wir sind sehr dankbar für Unterstützung:

Unsere Bankverbindung:

IBAN DE93 4306 0967 2070 1875 00
BIC GENODEM1GLS
GLS Gemeinschaftsbank

Impressum  |  Datenschutz     site notice  |  privacy policy

Newsletter abmelden - unsubscribe